Rückblick

Wenn man sich in den kulturellen und sozialen Kontext Ende der siebziger Jahre zurück versetzt, muss man bedenken dass bis zu diesem Zeitpunkt alleine der Arzt  Experte in Gesundheits-  und Krankheitsfragen war.  Der Patient war der Laie, der passiv den Entscheidungen des Arztes folgte.  Der Arzt war „der Halbgott in Weiß“.

Anfang der 80er Jahre stellte sich ein Wandel ein: der Patient erwartete vom Arzt Beratung und wollte an Entscheidungen teilhaben.  Also auch selbst Einfluss auf seine Gesundheit nehmen können.

Die Menschen suchten Informationen zu Krankheiten, Behandlungsmöglichkeiten, und auch zur Krankheitsprävention.  Allerdings gab es damals noch keine Computer, und mit Sicherheit kein Internet, also keine Chats, keine „Social Medias“ oder andere Austauschforen.

Verantwortungsträger aus den CAB-Organisationen (Christliche Arbeiterbewegung) erkannten diese gesellschaftlichen Entwicklungen und setzten es sich zur Aufgabe, einen Dienst zu schaffen, der den Bürgern als Anlaufstelle zur Information und Beratung in Krankheitsfragen dienen könnte.  Der Bürger sollte in Gesundheitsfragen selbst zum Akteur und befähigt werden, aktiver Partner in seinen Krankheitsfragen zu sein. Es ging sich um das „Empowerment“, also die Fähigkeit des Patienten zur Selbstbestimmung.

In den gleichen Jahren erhielt die Deutschsprachige Gemeinschaft (DG) die ersten Zuständigkeiten im Bereich der „Personenbezogen Materien“.

1984 betraute die Deutschsprachige Gemeinschaft den Patienten Rat und Treff (PRT), unter seinem Gründungspräsidenten Werner Zimmermann, mit zwei Aufgabenbereichen: „ein vielseitiges Betreuungswerk für Patienten, und die Schaffung einer Infrastruktur zugunsten einer bestmöglichen, koordinierten Heimpflege“.

1985 erhielt der PRT den Auftrag, den „Unterricht für kranke Kinder“ zu organisieren. Man hatte erkannt, dass Kinder, die für eine längere Dauer erkrankt waren und dem Unterricht fernbleiben mussten, einen großen Rückstand in den verschiedenen Unterrichtsfächern aufwiesen, und das Schuljahr daher häufig wiederholen mussten.  Durch den „Unterricht für kranke Kinder“ wurde diese Problematik vermieden und die Kinder konnten nach ihrer Genesung wieder nahtlos in den Unterricht einsteigen. Dieses Tätigkeitsfeld wurde dann bei Gründung des Zentrums für Förderpädagogik (ZFP) an dieses abgetreten.

Was den ersten Auftragsbereich -die Betreuung von Patienten- betrifft, so war bereits in den 80er Jahren das Thema Diabetes ein Schwerpunkt. Es wurden Infoabende und Diabetikerschulungen organisiert. Der PRT stellte den Betroffenen durch die Übersetzung der Zeitschrift ABD (Association Belge du Diabète) wichtige Informationen zur Verfügung.

Weitere wichtige Themen, zu denen die Bürger der DG Information und Beratung wünschten, waren Ernährung, Impfungen, Schlaflosigkeit, Allergien, Angst und Depressionen, Alzheimer, Parkinson, Epilepsie, und viele mehr.

Immer häufiger und immer vielfältigere Kurse wurden organisiert: Abnehmkurse für Erwachsene oder für Kinder, Ausgleichsgymnastik für die Wirbelsäule, Osteoporose-Gymnastik und viele andere.

Es dauerte nicht lange, bis die Bürger an den PRT herantraten und den Wunsch äußerten, Selbsthilfegruppen zu verschiedenen Krankheiten zu gründen, und dazu professionelle Unterstützung zu erhalten.

Schnell wurde der PRT auch zum gefragten Partner in verschiedenen Kommissionen: beispielsweise in der grenzüberschreitenden Aidskommission, …

Wie bereits angedeutet war die Digitalisierung damals noch kein Thema: die Mitarbeiterinnen mussten das Informationsmaterial, die Broschüren, Faltblätter und Flyer,… selbst zusammenstellen.

Der PRT hatte eine Bibliothek zusammengestellt, und die Bürger konnten etwa 70 Bücher zu den verschiedensten Krankheits- oder Gesundheitsthemen ausleihen.

Der erste Computer wurde 1992 angeschafft. Ohne Internet diente dieser in erster Linie dazu die administrativen Aufgaben zu vereinfachen.

Was den zweiten Aufgabenbereich betrifft, nämlich „eine Infrastruktur für eine bestmögliche koordinierte Heimpflege zu schaffen“, so wurde der PRT zur Anlaufstelle für den Bürger in Fragen der Hilfsdienste für die Versorgung zu Hause :  wer bietet „warme Mahlzeiten“ an ? Welcher Frisör kommt nach Hause? An wen kann ich mich wenden, um eine Haushaltshilfe zu bekommen? Wer kann mich fahren, … Viele Dienste wurden in den 80ziger Jahren erst aufgebaut …

Zudem organisierten die Mitarbeiterinnen des PRT Foren und gemeinsame Weiterbildungen für alle Akteure, die in der häuslichen Versorgung tätig waren. Damit betrat der PRT Neuland, denn bis dato praktizierte man im Sozialbereich noch keine interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Der PRT war lange mit der Erstellung und Aktualisierung des „Kompass“ betraut, dem Verzeichnis aller Sozialdienste und Einrichtungen in der DG.  Ohne PC und Internet war dies eine „Sammlung von Karteikarten“, die ausgetauscht wurden, wenn sich bei den Diensten etwas veränderte.

Der Aufgabenbereich zur koordinierten Heimpflege ist dann später an die „VoG Eukura“, und danach, mit finanzieller Unterstützung seitens der DG, an die VoG Eudomos übertragen worden.  Heute sind diese Aufgaben per Dekret bei der Dienststelle für selbstbestimmtes Leben (DSL) angesiedelt.